Programm-Archiv 2023/2024
  • Mirga Gražinytė-Tyla
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ORPHEUS IN DER UNTERWELT

  • Operette von Jacques Offenbach
  • Libretto von Hector Crémieux und Ludovic Halévy
  • Deutsch von Ludwig Kalisch

„Kein Wort davon zu meinem Mann!" Eurydike

Der Haussegen hängt schief, der Kühlschrank ist leer und im Schlafzimmer ist auch nicht mehr viel los: Orpheus und Eurydike haben sich auseinandergelebt. Doch während Orpheus sich mit virtuoser Violinkunst befriedigt, findet Eurydike Gefallen an Herrn Aristeus, der als bescheidener Naturfreund daherkommt, aber niemand anderes ist als Pluto, Gott der Unterwelt. Doch was sollʼs – Leidenschaft überwindet alle Grenzen und so wird kurzerhand im Schattenreich geliebt. Während Eurydike nun untergründige Erfahrungen sammelt, scheint sich Orpheus ganz gut einzurichten ohne seine Gattin. Doch das ruft die „Öffentliche Meinung“ auf den Plan. Schließlich gilt es hier, einen antiken Mythos zu wahren. 

Mit äußerst spitzer Feder schrieb Jacques Offenbach 1858 seine musikalische Antwort auf die bigotte Bürgerlichkeit des 19. Jahrhunderts. Seine stets lustvolle Kritik an den herrschenden Zuständen gipfelt im höllischen Vergnügen des wohl berühmtesten Can-Can aller Zeiten.

Trailer


Musikalische Leitung Alexander Mayer
Inszenierung Tamara Heimbrock
Bühne & Kostüme Nathalie Himpel
Licht Marcus Kröner
Dramaturgie Katja Pfeifer
Chöre Jörg Pitschmann
Regieassistenz und Abendspielleitung Paula Brune
Choreographie Gisela Fontarnau Galea
Inspizienz Lisa Henningsohn

Mit:


Orpheus Bassem Alkhouri
Eurydike Meike Hartmann
Die öffentliche Meinung Thomas Rettensteiner
Pluto Semjon Bulinsky
John Styx Andreas Sigrist
Jupiter Maciej Kozłowski
Juno Pihla Terttunen
Venus Vera Meiß
Diana Soobhin Kim
Charon Jovan Koščica
Zerberus Alexandru Constantinescu
Merkur Bernd Roth
Cupido Kaho Yamashita

und:  Opernchor des Theaters Vorpommern, Philharmonisches Orchester Vorpommern

Pressestimmen

Von der subversiven Kraft, sich über sich selbst zu amüsieren - Offenbachs Operette Orpheus und Eurydike am Theater Vorpommern

Am Theater Vorpommern hat man sich vorgenommen, Offenbachs Operette als das schwierige Leichte zu inszenieren. Die Absicht: den Besucher „...auf vielfältigste Weise zu unterhalten mit einer aberwitzigen Geschichte parodistischen Anstrichs, mit der dramatischen, tänzerischen und sprachlichen Vielfalt, die das Theater ausmacht, mit überraschenden Wendungen, Effekten, Theaterzauber und vor allem mit viel mitreißender Musik.“ Dass man diesem Anspruch gerecht werden konnte, ist mit Tamara Heimbrock (Inszenierung), Nathalie Himpel (Bühne & Kostüm), Marcus Kröner (Licht), Gisela Fontarnau Galea (Choreographie), Katja Pfeifer (Dramaturgie) und Alexander Mayer (Musikalische Leitung) einem Team zu verdanken, das Kompetenz, Professionalität und ein glückliches Händchen für musiktheatralisch überzeugende Wirkung bruchlos zu verbinden wusste.

Will heißen: ein knapp Drei-Stunden-Abend, der durchgehend hohes Tempo besaß und mit vielen wirbeligen, im Wortsinne Himmel und Hölle in Bewegung setzenden Ensemble- und Chorszenen zur sehr unterhaltsamen Präsentation gelegentlich schon entfesselt scheinender Spielfreude geriet; das Ausnutzen situationskomischer Gelegenheiten inbegriffen. Dies alles auf einer Bühne, der – nacheinander - schon mal ein großer, moderner Küchentisch, ein begehbarer Kühlschrank (als Zugang zu Himmel und Hölle), ein Riesenbett, ein Sofa und ein Bälle-Bad genügten, um die großen Restflächen für allerhand höchst effektvolle Turbulenzen nutzen zu können. Da schaute man schon deshalb gern hin, weil sich das muntere olympische Völkchen als sehr bunt, irgendwie hochsommerlich sportlich gewandet erwies. 

[…] So bleibt als ein erstes Fazit der Eindruck einer optisch gelungenen, choreographisch höchst lebendigen und die Aufmerksamkeit dauerhaft fesselnden Aufführung. Die parodistischen Absichten erscheinen akzentuiert, glaubwürdig und durchaus amüsant. (Was für ein herrlicher, situationskomischer Offenbachscher Einfall, die Öffentliche Meinung als karikierte Person auftreten und „hochmoralisch“ agieren zu lassen!).  Als musiktheatralisches Spektakel ist das Ganze ein Volltreffer. Die Reaktionen nach der Premiere sowie nachfolgender Aufführungen bestätigen das.

Aber da gibt es ja noch die Musik! […] Und da lohnt es schon, beim Orchestralen wie Sängerischen nicht nur die bekannten „Ohrwürmer“ zur Kenntnis zu nehmen. Offenbach hat in der musikalischen Charakterisierung seiner Figuren mehr zu bieten. Und das kann dem Verständnis am Bühnen-geschehen dienlich sein, aber auch das Vergnügen am Musikalischen deutlich erhöhen. Nicht zuletzt dann, wenn man – wie am Theater Vorpommern - über vorzügliche Vokalsolisten verfügt. Sie seien hier pauschal als Ensemble gewürdigt, das überaus facettenreich die doch recht variablen Ausdrucksbereiche der Chansons, Couplets und Airs solistisch wie als Duo oder in größeren Ensembles zu gestalten wusste.

Nennen wir diese auch zwischendurch öfter mal heftig beklatschten Protagonisten: Meike Hartmann (Eurydike), Bassem Alkhouri (Orpheus), Maciej Kozlowski (Jupiter), Semjon Bulinski (Pluto), Thomas Rettensteiner (Öffentliche Meinung), Pihla Tettunen (Juno), Andreas Sigrist (Styx), Jovan Koscica (Charon), Alexander Constantinescu (Zerberus), Soobhin Kim (Dianasowie die Chormitglieder Kaho Yamashita, Vera Meiß und Bernd Roth als Cupido, Venus und Merkur.

In Hochform – wie immer – auch der Chor des Hauses (Jörg Pitschmann). Als singende Olympier ließen sie es nicht an göttlichem Wohlklang samt so präziser wie donnernder, mitreißender Kraftentfaltung fehlen; das roch in dieser Disziplin schon mal nach GOLD!

Vielbeschäftigt auch das Philharmonische Orchester Vorpommern; übrigens mit Ansprüchen, die auch nicht jeden Tag zu meistern sind: viel Solistisches, kammermusikalisch Wirkendes, aber eben auch das flotte Couplet, die pastorale Arie, der freche Galopp, die ganze Palette scheinbarer und doch so kontrastreich wie charakteristisch unterschiedener Leichtgewichtigkeit. Alexander Mayer, 1. Kapellmeister und Stellvertretender GMD des Hauses, ließ da mit Schwung, Energie, aber auch feiner Ausarbeitung und musikantischer Feinfühligkeit nichts anbrennen.

- Ekkehard Ochs für IOCO